Hallo an alle,
Diesmal widme ich mich einem Thema, bei dem immer wieder Unsicherheiten auftreten. Darf ich einen fremden Buchtitel im Text erwähnen? Was umfasst das Urheberrecht? Diese und weitere Fragen kläre ich hier. Ich bin jedoch kein Anwalt, also sind es Informationen, keine Rechtsberatung. Eine Gewähr auf Richtigkeit wird daher nicht gegeben.
Das Urheberrecht
Ein großer Aspekt in der Autorenwelt ist das Urheberrecht, das viele verunsichert. Es ist zu erwähnen, dass Titel nahezu nie unter das Urheberrecht fallen, da in der Regel die notwendige Individualität und Originalität fehlen. Der Titelschutz ist also eher Teil des Markenrechts, des Wettbewerbsrechts und des allgemeinen Zivilrechts. Ich werde grob dieses Thema hier bei dem Punkt Zitate anschneiden, um die Frage zu klären, ob Titel erwähnt werden dürfen.
1837 wurden in Preußen erste detaillierte Gesetze zum Schutz von Schöpfungen erlassen, aber bereits im 16. Jahrhundert gab es Regelungen. Das Urheberrecht bestimmt die Rechte des Schöpfers eines Textes, Films, Liedes, Computerprogramms ... Geregelt ist das Urheberrecht im UrhG (Urheberrechtsgesetz), das 143 Paragraphen umfasst (deshalb ließ dieser Beitrag lange auf sich warten), aber die treffen nicht alle auf die Literatur zu. Ich habe für euch die wichtigsten Paragraphen rausgesucht und erkläre den Inhalt. Dem Titelschutz widme ich einen eigenen Post.
Beginn und Erlöschen des Urheberrechts
Das Urheberrecht gilt ab dem Entstehungszeitpunkt und nicht erst mit der Veröffentlichung. Es wird genau definiert, was Veröffentlichung ist und was der Unterschied zum Erscheinen ist (§ 6 UrhG). Sobald ihr euren Roman der Öffentlichkeit (allen Lesern, keine Testleser) selbst oder über Dritte (z. B. Verlag) zugänglich macht, gilt das Buch als veröffentlicht. In dem Augenblick, da es in ausreichender Form (mehrere Drucke, eBook ...) der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, zählt es als erschienen. Lest ihr ein Gedicht im größeren Rahmen (Livestream, Interview, etc.) vor, dann ist es veröffentlicht, aber nur erschienen, wenn Leute darauf legal wiederholten Zugriff haben.
Neben dem Urheber gibt es auch Miturheber (§ 8 UrhG). Normalerweise gilt der Schöpfer des Werkes als Urheber. Sobald mehrere Personen beteiligt sind, z. B. bei einer Anthologie, gelten sie als Miturheber. Ein Miturheber hat die gleichen Rechte wie der Urheber. Jeder Miturheber bekommt anteilig einen Gewinnanteil je nach Umfang der beigesteuerten Arbeit.
Angenommen, ihr kreiert zu zweit einen Roman und der eine schreibt sechs der zehn Kapitel und der andere 4. Der erste Autor erhät 60 % und der zweite 40 % des Umsatzes. Ein Miturheber kann aber auch vom Verwertungsrecht (Nutzung und Vergütung des Werkes) zurücktreten, dann besteht kein Anspruch mehr auf Vergütung. Das ist das, was Ghostwriter tun: Sie sind Urheber, erklären den Auftraggeber zum Miturheber und treten dann vom Verwertungsrecht zurück.
Bei einem verbundenen Werk, z. B. eine Anthologie, mehrerer Urheber (§ 9 UrhG) können die anderen Urheber von einem der Urheber eine Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung und Änderung verlangen, solange es dem Urheber dem gängigen Sozialverhalten nach zumutbar ist. Das bedeutet, wenn eine Anthologie fertig ist und schon zur gedruckt wurde, dann muss nicht alles zurückgezogen werden, weil sich einer der Urheber plötzlich umentscheidet. Natürlich ist das gängige Sozialverhalten - „Treu und Glauben“ im Gesetz - nicht genauer definiert.
Das Urheberrecht kann zwar nicht übertragen, aber vererbt werden (§ 28 UrhG). Das muss explizit im Testament erwähnt werden. Wird es nicht vererbt, dann erlischt das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, wenn dieser bekannt ist (§ 64 UrhG). Gibt es Miturheber, dann zählen die 70 Jahre ab dem Tod des letzten Miturhebers (§ 65 UrhG). Sind die Werke anonym oder unter einem Pseudonym veröffentlicht, bei dem der reale Name nicht bekannt ist, zählen die 70 Jahre ab der Veröffentlichung (§ 66 UrhG). Wenn ein Werk mehrere Bände umfasst, zählt für jeden einzelnen Band das Urheberrecht für 70 Jahre (§ 67 UrhG)
Informationen zu Rechtsinhabern können nach UrhG bei folgenden Stellen sorgfältig geprüft werden:
- Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Andere Bibliothekskataloge und Schlagwortlisten
- Informationen der Verleger- und Autorenverbände (hilfreich ist das Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB))
- WATCH (Writers, Artists and their Copyright Holders)
- ISBN (International Standard Book Number)
- Datenbanken von Verwertungsgesellschaften, z. B. Datenbank der VG Wort
- Zusammenfassung mehrerer Datenbanken und Verzeichnisse, einschließlich der GND (Gemeinsamen Normdatei), VIAF (Virtual international Authority Files) und ARROW (Accessible Registries of Rights Information and Orphan Works)
Übersetzungen und Bearbeitungen eines fremden Werkes
Übersetzungen und Bearbeitungen gelten als selbständiges, geschütztes Werk, wenn es sich um eine persönliche geistige Schöpfung des Bearbeiters handelt (§ 3 UrhG). Das klingt kompliziert, doch am Beispiel von Parodien wird es schnell klar. Jemand parodiert und ist somit Urheber der Parodie, auch wenn sich der Inhalt auf die Ideen der Vorlage stützt. Für die Übersetzung oder Bearbeitung ist zuvor die Zustimmung des Urhebers des Originals notwendig (§ 23 UrhG).
Als Sonderfall gibt es die Entstellung des Werkes (§ 14 UrhG). Sobald das Werk so entstellt oder beeinträchtigt ist, dass es die geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers gefährdet, dann kann er die Veröffentlichung verbieten. Nehmen wir als Beispiel Fanfiktions. Zwei Leser schreiben je eine Fangeschichte. Der eine befasst sich mit der glücklichen Zukunft des Paares über das Buch hinaus, der andere ändert dies so ab, dass aus dem harmonischen Ehepaar ein Fall häuslicher Gewalt wird. Die erste Geschichte ist in Ordnung, denn sie entspricht der Aussage des Urhebers. Die zweite kann der Urheber verbieten lassen, wenn er mit seinem Werk eine harmonische Ehe abbilden will.
Stützt sich ein eigenes Werk auf das eines anderen, bei der aber die Vorlage des Originals verblasst, dann darf das ohne Zustimmung veröffentlicht werden (§ 24 UrhG). Das ist etwas komplizierter und die Grenzen verschwimmen, aber vielleicht wird es mit einem Beispiel klarer.
Ihr veröffentlicht ein Buch, in dem es um ein Internat für Zauberer und Hexen geht, in dem ein schwarzer Magier bekämpft werden muss. Auch wenn es eine ähnliche Handlung hat wie Harry Potter, ist das neue Buch doch anders genug, um nicht als Bearbeitung zu gelten.
Nutzungsrecht
Der Urheber hat das Recht, sein Werk beliebig oft zu vervielfältigen (§ 16 UrhG). Zugleich darf er das Original oder Vervielfältigungen anbieten und in Verkehr bringen (§ 17 UrhG). Zudem hat er das Vortragsrecht (§ 19 UrhG), was dann z. B. in Lesungen genutzt wird.
Urheberrechte können nicht übertragen werden, aber Nutzungs- und Verwertungsrechte (§ 29 UrhG). Das Nutzungsrecht erlaubt dem Rechteinhaber das Werk (z. B. das Manuskript) auf eine oder mehrere Art zu nutzen, z. B. für den Druck oder als elektronische Bereitstellung. Bei einem Sammelwerk reicht die Zustimmung dessen, der Urheber des Sammelwerks ist (§ 34 UrhG).
Die Verwertungsrechte sind dem Urheber vorbehalten und können nur auf einen Miturheber übertragen werten. Das Nutzungsrecht kann vom Urheber auf beschränkt werden bei Übertragung des Nutzungsrechts auf einen anderen, wie zum Beispiel den Verlag. Das Nutzungsrecht muss ausdrücklich vom Urheber übertragen werden (§ 31 UrhG).
Räumt ihr einem Verlag ein Nutzungsrecht ein, darf dieser ohne eure Zustimmung nicht das Werk, den Titel oder die Urheberbezeichnung (z. B. ein Pseudonym) ändern. (§ 39 UrhG)
Das Werk darf nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht werden (§ 12 UrhG). Dieser darf auch das Wie bestimmen, also ob als Print, eBook, Hörbuch … Zeitgleich hat der Urheber das Recht, bereits vor Veröffentlichung des Werkes den Inhalt öffentlich mitzuteilen und zu beschreiben. Das heißt, der Autor darf vor Erscheinen des Buches Texte über den Inhalt schreiben, auch wenn es noch nicht im Handel erschienen ist. Das wird für Werbung vor der Veröffentlichung oft genutzt.
Es können auch Nutzungsrechte für zukünftige Werke übertragen werden (§ 40 UrhG). Das muss schriftlich sein, wenn es noch keine genauen Informationen dazu gibt. Nach 5 Jahren darf der Urheber und Inhaber des Nutzungsrechts (z. B. Verlag) von der Vereinbarung zurücktreten. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate. Auf das Kündigungsrecht kann nicht im Voraus verzichtet werden (auch falls ein Verlag es so im Vertrag schreibt). Endet der Vertrag, enden auch die Nutzungsrechte für die zukünftigen Werke.
Zitate
Es gibt zwei Zitatformen: das Großzitat und das Kleinzitat. Das Großzitat umfasst das komplette Werk. Das Großzitat ist aber nur bei wissenschaftlichen Arbeiten erlaubt. Nehmt ihr nur Ausschnitte, ist es ein Kleinzitat. Bei allen Zitaten ist eine Veröffentlichung des Originals notwendig.
Gestattet ist es, ohne Erlaubnis des Urhebers oder eine Vergütung an diesen zu zitieren, wenn es im Umfang durch einen besonderen Zweck gerechtfertigt ist (§ 51 UrhG). Der besondere Zweck ist der Zitatzweck. Ist das Zitat notwendig (Rezension, Gegenthese, etc.) und gibt es einen nachvollziehbaren Grund, dann ist es zulässig. Kann es weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass der Sinn verloren geht, dann ist der Zitatzweck nicht gegeben und das Zitieren nicht gestattet.
Dient ein Zitat nur als unwesentliches Beiwerk, dann ist es ebenfalls ohne Zustimmung des Urhebers gestattet, dieses zu nutzen (§ 57 UrhG). Das bedeutet, eine Nutzung ist erlaubt, wenn es keine oder nur eine sehr geringe Bedeutung für das Werk hat.
Hier greife ich auch noch einmal die Frage nach den Buchtiteln, etc. im Text auf. Im § 5 MarkenG ist geregelt, dass die Titel geschützt sind. Wichtig ist hierbei, dass der Titel schutzfähig ist. Dafür muss er unterscheidungskräftig sein. Der Titel „Der Sturm“ wird vermutlich nicht schutzfähig sein, denn er ist nicht unterscheidungskräftig. Sobald für ein Werk ein Titelschutz besteht, dann ist es verboten, diese Bezeichnung in einer Art und Weise zu verwenden, die zu einer Verwechslung führen kann (§ 15 MarkenG). Zeitgleich darf es aber auch ohne Verwechslungsgefahr nicht im Geschäftsverkehr genutzt werden. Veröffentlicht ihr euren Text als Buch, steckt ihr jedoch mitten im Geschäftsverkehr.
Der Titelschutz erlischt erst 5 Jahre, nachdem das Werk nicht mehr hergestellt wird und auch nicht mehr verfügbar ist.
Abschließend ist zu sagen: Wenn ihr Titel verwenden wollt, nehmt Titel, die nichtschutzfähig sind. Das sind oft Alltagsbezeichnungen. So nutzt zum Beispiel besser so eine Formulierung:
Sie durchsuchte das Regal mit den Bestsellern. Der Sturm, Gänseblümchen, freier Fall, morgen ist nicht heute …
Vergütung und Verleihung
Bibliotheken und andere legale Verleihangebote müssen den Urheber vergüten. Voraussetzung dafür ist, dass der Autor einer Verwertungsgesellschaft wie VG Wort angehört (§ 27 UrhG). Über diese erfolgt die Gewinnausschüttung.
Zudem ist festgelegt, dass die Vergütung angemessen sein muss (§ 32 UrhG). Was als angemessen gilt, entscheidet die Vereinbarung, die zwischen einer Urhebervereinigung (z. B. VS Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller) und einer Werknutzervereinigung (Verlage) getroffen wird (§ 36 UrhG). Eine gute Unterstützung für Autoren bietet das Aktionsbündnis Fairlag.
Ist ein ungleiches Verhältnis zwischen Einnahmen des Nutzers und des Urhebers, dann muss der Vertrag angepasst werden (§ 32a UrhG). Das kann sein, wenn euer Buch ein Kassenschlager wird, der Verlag übermäßig Gewinn einfährt, und eure Vergütung nicht adäquat ansteigt oder zu niedrig angesetzt ist. Aus diesem Grund kann dem Urheber jährlich Einblick in die Erträge seines Werkes (§ 32d UrhG) verlangen, solange er das Nutzungsrecht entgeltlich überlassen hat und kein Tarifvertrag oder gemeinsame Vergütungsregel vereinbart wurde.
Fazit
Ein paar wichtige Punkt nochmal zusammengefasst:
- Sobald ihr etwas erschafft, was eine geistig-persönliche Schöpfung ist, seid ihr Urheber.
- Keiner kann euch das Urheberrecht aberkennen.
- Das Urheberrecht erlischt in der Regel 70 Jahre nach dem Tod.
- Ihr müsst einer Nutzung durch andere zustimmen.
- Buchtitel und Zitate solltet ihr umgehen, um auf der sicheren Seite zu sein.
- Ihr müsst angemessen vergütet werden.
- Um von Verleihdiensten vergütet zu werden, müsst ihr einer Verwertungsgesellschaft beitreten.
Ich hoffe, der Post kann wenigstens ein paar Fragen beantworten. Abschließend noch mal der Hinweis: Ich bin kein Anwalt und der Text ist nicht rechtskräftig. ;)
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